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Zusatzlose für Bürgerparlamente

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Zusatzlose verbessern die Chance in ein Bürgerparlament gelost zu werden, wenn man höhere Expertise und besseres Einschätzungsvermögen in einem Thema besitzt. Die repräsentative Auslosung der Stichprobe sichert gleichzeitig ein gutes Abb...

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Warum Zusatzlose?

Schon Sokrates kritisierte 400 v.Chr. ein fundamentales Problem der aleatorischen Demokratie, das deren vielfältige Vorteile substanziell beeinträchtigt: (1)

"Es ist eine Torheit, öffentliche Amtsträger durch Los zu bestimmen. Niemand würde einen Piloten (Schiffssteuermann) oder Flötisten, oder sonst irgendeinen Fachmann, durch Los für Arbeiten bestimmen, bei denen Fehler weitaus weniger verheerende Auswirkungen hätten als Fehler in der Staatskunst."

Dieses reale Problem wird durch ein perzeptorisches verstärkt, das als "Illusory Superiority" nachweisbar ist. Vereinfacht ausgedrückt glauben 90% der Menschen, dass sie begabter als der Durchschnitt sind. Dies ist zwar per Definition eine Unmöglichkeit, aber resultiert in der Folgerung, dass Menschen keinen Durchschnittsmenschen über sich entscheiden lassen wollen.

Die Wahlen in einer repräsentativen Demokratie sollen dieses Problem beheben, indem sie Spitzenkandidaten finden und gewissermassen adeln. Positiv sei angemerkt, dass tatsächlich bei gewählten Personen auch überdurchschnittliche Fähigkeiten gemessen wurden, z.B. beim IQ von US-Präsidenten. (2) Weiters besteht eine positive Korrelation zwischen höheren Fähigkeiten und dem Erfolg der jeweiligen Regierungsperiode. Nachteilig ist an dieser Lösung das "eherne Gesetz der Oligarchie", die inhärente Entwicklung zu einer dysfunktionalen Parteienherrschaft mit einigen wenigen Mächtigen, die elitär, ineffizient, konfliktträchtig, korruptionsanfällig, in Vorwahlzeiten meist sogar schmutzig, hasserfüllt und niederträchtig, aber vor allem niemals repräsentativ ist. (4)

Messung von Expertise

Unter der Annahme, dass der moderne Menschen auf unterschiedlichen Gebieten unterschiedlich viel Expertise besitzt, benötigt die Offene Demokratie daher ein besseres Verfahren als Wahlen, wo vorwiegend durch Dirty Campaigning und emotionale Ad Hominem Argumente entscheiden.

Mit Prognosen und Ergebnisvergleich bietet sich ein objektives Verfahren an, um für alle Bürgerinnen und Bürger zu bestimmen, auf welchem Themengebiet sie überdurchschnittliche Expertise besitzen. (3) Da mit zunehmendem Fortschritt auch die Themen komplexer und vielfältiger werden, können alle so zu jenem spezialisierten Bürgerparlament sortiert werden, in dem sie am besten beitragen können.

Arbeitsteilung und breite Beteiligung

Auf den ersten Blick könnte man nun fälschlich glauben, dass dadurch nicht mehr jeder Bürger eine gültige Stimme besitze. Dies ist aber falsch, da die Anzahl der parallel möglichen Bürgerparlamente prinzipiell gerade nur durch die Anzahl derjenigen limitiert ist, wieviele sich aktiv beteiligen wollen. Daher kann sich logischerweise jeder beteiligen, nur eben nicht überall gleichzeitig und oberflächlich, wie in der direkten Demokratie sondern gezielt und mit Tiefe. Gemeinsam erzielt man immer besserere Entscheidungsqualität der jeweiligen Bürgerparlamente. Diese Qualität wird selbst wiederum durch Prognosevergleich laufend objektiv kontrolliert.

Wieviele Zusatzlose?

In der Anfangsphase der Offenen Demokratie 2017 erhält jeder Bewerber ein Los (das "Grundlos") und kann durch gutes Einschätzungsvermögen und Prognosen zusätzliche Lose erhalten. In späteren Phasen ist eine Erhöhung oder Senkung der Zusatzlose zu prüfen sein, allenfalls auch ein Wegfall der Grundlose oder ein Wegfall der Zusatzlose. Für die Bestimmung des richtigen Verhältnisses wird der Effekt dieser Variationen auf die objektive Entscheidungsqualität der Bürgerparlamente sowie auf die allgemeine Akzeptanz der Entscheidungen stets post-mortem verifiziert.

Welches Verhältnis der Zuteilung?

1. Experiment: Logarithmische Funktion

Im 1. Österreichischen Bürgerparlament wurde der Logarithmus des Creditstandes der Teilnehmer laut Rangliste herangezogen. Insgesamt gab es 980 Bewerbungen. 854 Personen nahmen am Prognosemarkt teil. Verifizierbare Prognosen gaben 626 Teilnehmer ab. Davon erzielten 220 Teilnehmer ein positives Ergebnis, der Rest 0 oder negativ. Durch die Logarithmus-Formel erhielten diese 220 insgesamt 2190 Zusatzlose.

Zusatzlose erhielt man nach der Formel: ln(Credit-Stand), aufgerundet.

Nachträglich ist im Projektteam der Eindruck, dass es "zu rasch" Zusatzlose gab, zB brachten 208 Credits bereits 7 Zusatzlose, der Führende erhielt mit 518 296 Credits insgesamt 14 Zusatzlose.

2. Experiment: Quadratische Funktion

Beim 2. Österreichischen Bürgerparlament wird die Formel so angepasst, dass der Führende jedenfalls 20 Zusatzlose erhält, und die Teilnehmer mit einem positiven Ergebnis bei niedrigen Resultaten weniger schnell mehr Lose bekommen. Zusatzlose erhält man beim 2. Bürgerparlament nach der Formel: n-te Wurzel aus dem Creditstand -1, aufgerundet. n ist dabei ln(Credit-Stand des Führenden) dividiert durch ln(21)

Die rote Linie zeigt den zu schnellen Anstieg der Formel für das 1. Bürgerparlament ("Logarithmus") und den geradlinigeren in der neuen Formel für das 2. Bürgerparlament ("Wurzel"). Der Anstieg entspricht in etwa der Rangzahl, allerdings könnte ein unterschiedlicher Rang bei fast gleicher Leistung wohl nicht sachrichtig. Insgesamt ergibt die neue Formel - umgelegt auf den Ausgang des alten Wettbewerbs - in etwa gleich viele Zusatzlose, nämlich 2047 statt 2190.

Formel für Zusatzlose - Copyright: Prediki


Weitere Informationen

  1. Was ist ein Bürgerparlament?
  2. Prognosemärkte für Demokratie: Prinzipien und neue Möglichkeiten

Quellenangaben

  1. Xenophon (371 v.Chr.). Memorabilia. Book I, 2.9
  2. Dean Keith Simonton (August 2006). Presidential IQ, Openness, Intellectual Brilliance, and Leadership: Estimates and Correlations for 42 U.S. Chief Executives. Journal of Political Psychology. 27 (4): 511–526.
  3. Mellers, B., Platt, M. (März 2017). Are You a Superforecaster? What Good Decision-makers Have in Common. Wharton Knowledge, University of Pennsylvania
  4. Michels, R. (1911). Zur Soziologie des Parteiwesens in der modernen Demokratie; Untersuchungen über die oligarchischen Tendenzen des Gruppenlebens. Verlag von Dr. Werner Klinkhardt, Leipzig